OK
Das Bild der Realität ist wieder ins Bild zurückgekehrt. Aber anders, als wir vermuteten und auch anders als viele es wünschten. Wir sehen die Welt nüchterner als die Pop Art und emotionaler als die Fotorealisten. Daran mag die Kritik der "Engagierten" mitgewirkt haben und das nostalgische Bedürfnis, sich einer immer perfekteren und funktionaleren Verplanung des Lebens zu entziehen. Bei aller Kritik, Infragestellung und Auflösung vorhandener Strukturen war etwas aus dem Blickfeld geraten, das gleichwohl nur über das Auge auf uns wirken konnte: die Schönheit. Wenn die Schönheit schon in der Kunst - aus welchen Grunden auch immer - abhanden gekommen war, so doch nicht das Bedürfnis nach ihr. Mitten in den lauten und belehrenden Auseinandersetzungen, den immer dürrer werdenden gedankiichen Konzepten entstand der Wunsch nach WirkIichkeit, die nicht interpretiert, verfälscht und genutzt wurde, die war, wie sie eben war, und die gerade in diesem Bei-sich-sein die Identität wiederfand, die Schönheit ist. Monet hat sie entdeckt, auf Morandi fiel sie wie ein letzter Schein und ganz zaghaft kehrt sie nun zurück in den Tortenstücken von Wayne Thiebaud etwa, die gemalt sind, in den Fotoserien von Jan Dibbets oder den Bildern von Gerd Richter. Dieser Schönheit fehlt freilich der alte Glanz, dafür ist sie aber ganz von dieser Welt. In weiterem Sinne ist auch das Werk von Peter Dreher dieser Bewegung zuzurechnen. Das Einzelbild - er malte kleine, weiche Landschaften - genügte ihm nicht. Er wollte mehr Wirkiichkeit einfangen, als sie ein einziges Bild repräsentierte, und so malte er dasselbe Motiv immer wieder zu den verschiedensten Tageszeiten aus den unterschiediichsten Blickwinkeln oder aber auch wie etwa die Glasserie, gerade unter denselben Bedingungen. Je genauer Dreher das Glas wiederzugeben versuchte, um so mehr unterschied sich eins vom anderen. In solchen malerischen Exerzitien weist er nach, daß kein Seheindruck wiederholbar oder zu multiplizieren ist, sondern immer wieder und unter ganz neuen Bedingungen geleistet werden muß. Dreher interessiert nicht - wie den Kubismus - die Darstellung eines dreidimensionalen Gegenstandes auf einer Fläche, sondern seine Übersetzung in einen zeitlichen Betrachtungsvorgang.
 
Dieter Honisch im Katalog Peter Dreher, Museum Folkwang Essen 1974
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